Gesund und schmerzfrei!

Wenn das Körpergewebe mit Mitte 20 langsam nachlässt, sollte man mit Faszientraining beginnen. Claudia Mahler, Inhaberin der Yogaschule und des CANTIENICA®-Studios in Hamburg, gibt Tipps rund um Faszientraining.

citysports.de: Über Faszientraining liest man zurzeit viel in gängigen Zeitschriften, was ist das Besondere daran?

Clauida Mahler: Es ist gar nicht so besonders oder gar neu. Zumindest den wissenden „Yogis“ dieser Welt sind diese Strukturen bekannt. Nun wird dieses Körperwunder von der Wissenschaft besser erforscht. Als Faszien bezeichnet man das alles umgebende und verbindende Bindegewebe des Körpers. Es hat eine große Bedeutung für unsere Beweglichkeit und Leistungsfähigkeit. Ein gut funktionierendes Zusammenwirken von Faszien und Muskeln spielt für die Gesundheit und die Schmerzfreiheit eine große Rolle.

Wo wird es denn eingesetzt?

Sowohl in der Prävention als auch in der Rehabilitation spielen die Faszien inzwischen eine große Rolle. Die Funktionen des faszialen Bindegewebe kann man durch Übungen aus den vier Bewegungsbereichen Federn, Schwingen, Dehnen und Massieren aktivieren und verbessern. Yoga-Übungen sind also von jeher das perfekte Faszientraining. In Verbindung mit Entspannungs- und Atemtechniken wirkt das Training bis in die Tiefen des Körpers. Auf diese Weise erlangt man auch eine wohltuende mentale Entspannung.

Hauptgerät beim Faszientraining ist die Schaumstoffrolle – was bewirkt sie?

Mit der Rolle wird das fasziale Gewebe massiert und gedehnt, wobei die Intensität für jeden sehr gut steuerbar ist. Durch den Druck der Rolle wird das Gewebe gedehnt, massiert, entspannt und gezielt angeregt. Die Zellen, die unser Bindegewebe aufbauen, können neues Bindegewebe produzieren und gleichzeitig altes, oft verfilztes und trockene Bindegewebsanteile abbauen.

Angeblich soll das Training jünger machen und Dellen wegzaubern – stimmt das?

Ein beweglicher, kräftiger Mensch fühlt sich jünger und sieht jünger aus. Durch das Training werden die Fibroplasten, die das Bindegewebe auf-, aber auch abbauen, aktiviert. Man kann also sagen, dass das Bindegewebe sich verjüngt. Durch das Training erhöht sich zudem die Flüssigkeitsmenge im Gewebe und es wird mehr Flüssigkeit im Bindegewebe gespeichert. Strafferes Gewebe sieht natürlich auch glatter aus. Ob eine Verringerung von Cellulite tatsächlich eintritt ist nicht nachgewiesen. Viele Frauen fühlen sich aber besser - nicht zuletzt dadurch, dass Haut und Gewebe durch das Training besser durchblutet werden und der Lymphfluss angeregt wird.

Also doch eine Trainingsmethode insbesondere für Frauen.

Nein, für Männer und Frauen gleichermaßen. Ein gesundes Bindegewebe ist fest und elastisch zugleich. Das garantiert Belastbarkeit von Sehnen und Bändern, vermeidet Schmerzen z. B. an Hüftgelenken und Bandscheiben und schützt die Muskulatur vor Verletzungen. Alterssteifigkeit und Verlust an elastischem Schwung sind auch auf ein verfilztes, trockenes Fasziengewebe zurückzuführen – und das möchten weder Männer noch Frauen haben.

Ist eigentlich das Training für Männer und Frauen gleich?

Ja, die Übungen sind oft die gleichen, der individuelle Nutzen kann dabei variieren. Bei Männern, die eher zu Bewegungseinschränkungen (Unflexibilität) neigen, wird das Training zur Lösung von Crosslinks (Gewebeverklebungen) eingesetzt, um wieder mehr Flexibilität zu erreichen. Bei Frauen mit eher „schwachem Bindegewebe“ und allgemeiner Hypermobilität, die bisweilen auch zur Instabilität führen kann, dient das Training der elastischen Kräftigung des Bindegewebes.

Woher weiss ich, dass ich wirklich die Faszien trainiere und nicht die Muskeln?

Muskeln werden durch Anspannung und Entspannung trainiert, mit Kraftaufwand und das, nachdem sie in der Regel aufgewärmt wurden. Faszientraining wird unaufgewärmt gemacht, wobei hier vor allem die genannten vier Komponenten Federn, Schwingen, Dehnen und Massieren eine wichtige Rolle spielen. Auf diese Weise reagieren erst die Faszien und dann die Muskeln.

Was bedeutet man soll nicht über den wohltuenden Schmerz hinaus traineren?

Die Dehnungen werden im Yin Yoga ca. 3 Minuten gehalten, mit der Rolle wird sehr langsam massiert, alle Haltungen und Bewegungen werden mit viel Ruhe ausgeführt. Das kann bisweilen sehr intensiv werden. Man sollte immer eine Intensität wählen, die gut auszuhalten ist. Wenn man schon am Anfang eine Position wählt, die von vornherein grenzwertig ist, stellt sich der gewünschte Erfolg nicht ein. Es ist sinnvoll, nach und nach loszulassen und tiefer in die Haltungen zu sinken.

Mit welchem Alter sollte ich mit dem Faszientraining starten?

Das Faszientraining steigert auch die Leistungsfähigkeit und ist insofern auch für junge Menschen sinnvoll. Die Faszien lernen dann früh und speichern ihr „Wissen". Wenn man früh startet, hat man lange etwas davon! Ab 25 – 30 Jahren wird das fasziale Gewebe nicht mehr so gut versorgt. Es wird insgesamt trockener, die Collagenfasern werden unelastischer und verfilzen leichter. Spätestens wenn man davon etwas wahrnimmt, sollte man – eventuell auch ergänzend zum bisherigen Sport- oder Fitnessprogramm das Bindegewebe trainieren.

Habe mir vor einigen Wochen eine Rolle für Faszientraining für viel Geld gekauft. Nun liegt sie rum.

Faszientraining wird immer bekannter und es gibt viele gute Anleitungen dazu. Wenn Sie sicher gehen wollen, packen Sie ihre Rolle ein und kommen zu uns in ein Yin Yoga Probetraining!

Haben Sie noch einen Tipp, woran man einen guten Faszientrainer erkennt?

Fragen Sie nach der Ausbildung. Es gibt sehr große Unterschiede in den Qualifikationen.

Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.

Interview: citysports.de, Anne Nyhuis

Mit einer Detailseite auf citysports.de: CANTIENICA®-Studio Hamburg