Es reicht eine Wiese mit Schnee!

Vom Wind mit einem Lenkdrachen sich durch den Schnee ziehen lassen, das ist Snow-Kiten. Immer mehr Ski- und Snowboarder zieht es in seinen Bann. Ein Interview mit dem Snow-Kite Spezialisten, René Hauschild aus München.

 

citysports.de: Und schon wieder eine Sportart, die sich aus zwei etablierten Sportarten entwickelt. Wer hat sich diese Sportart ausgedacht?

René Hauschild: Wahrscheinich ganz klassisch, jemand wollte die Atmosphäre vom Kiten auf dem Wasser auf den Winter übertragen und hat festgestellt, dass es auf dem Schnee genauso gut geht.

Und vor allen Dingen schnell. Eigentlich reicht mir das Tempo mit Abfahrtski die Piste runterzufahren, wie schnell werde ich mit einem Lenkdrachen?

Bis zu 50 km/h. Im leichten Tiefschnee kann man sich mit bis zu 40 km/h auf Skier oder Snowboard die Piste runter ziehen lassen. Vergleichbar mit der Autogeschwindigkeit bei einer Ortsdurchfahrt.

Das klingt gar nicht so schnell, wie ich gedacht habe.

Naja, man hat keinen echten Schutz, man spürt den Wind und die Power des Lenkdrachens.

Also, seid ihr doch ein bisschen verrückt?

Verrückt würde ich es nicht bezeichnen. Man hat das Gefühl eine besondere Sportart zu betreiben. Der Wind schmiegt sich um den Körper, sich schwerelos über den Schnee tragen zu lassen, einen Berg hochgezogen werden, die Sonne, die quersteht... wie geil ist denn das?!

Das klingt gut, sehr gut. Aber, wo findet man denn Snow-Kite-Pisten?  Als Snow-Kiter mit einem Lenkdrachen braucht man doch viel Platz.

Eigentlich reicht eine Wiese mit Schnee. In der Region Chiemsee und München gibt es spezielle Snow-Kite-Flächen. Nach und nach kommen mehr Regionen dazu. Die Monate Januar und Februar gelten in Süddeutschland als schneesicher.

Einen Moment, eine Wiese reicht? Übersetzt, die Norddeutschen könn(t)en vor der eigenen Haustür Snow-Kiten?

Klar, es reicht ein Acker mit mindestens 10 cm Schnee und Wind. Allerdings sollte man darauf achten, dass kein Drahtzaun, Steine oder ein Strommast in der Nähe sind. Zudem ist zu empfehlen, den Grundstücksbesitzer  vorher um Erlaubnis zu fragen. Auch auf einem zugefrorenen See mit leichter Schneebedeckung lässt es sich sehr gut Snow-Kiten. Bitte die Eisstärke beachten!

Als Nordlicht habe ich einen Lenkdrachen zu Haus und kann einigermaßen Skifahren. Beste Voraussetzung, um mir das Snow-Kiten auf einem Feld selber beizubringen.

Snow-Kiten ist wahrlich einfacher als es aussieht. Wichtig ist, den Lenkdrachen kontrolliert fliegen zu können. Der Drachen ist über eine Lenkstange mit 2 Ringen am Körper befestigt. Snow-Kiten ist kein  Kraftsport, sondern ein Balance-Sport. Sehr gefühlvoll muss man den Drachen lenken und mit Körperspannung den Zug des Schirms nutzen.

Also nichts für Kinder und Leichtgewichte?

Die Schirmgröße ist abhängig vom Körpergewicht. Man lenkt den Kite wie beim Fahrradfahren. Rechts ziehen bedeutet rechts fahren. Kinder können ab circa 12 Jahren das Snow-Kiten ausprobieren. Wichtig ist, dass sie ein Verständnis für den Schirm und die Gefahren haben.

Und was ist das Schwierigste für Anfänger?

Snow-Kiten ist leicht zu erlernen. Einziger Knackpunkt ist bei den meisten Einsteigern der Start mit Ski oder Snowboard. Den Lenkdrachen so in den Wind zu halten, um Schwung zu bekommen, aber nicht gleich rübergezogen zu werden. So etwas lernt man in Schulungen.

Denke, es ist doch besser einen Kurs zum Beispiel bei Kite-Guru zu belegen...

Wir empfehlen an einer 2-Tages-Schulung teilzunehmen. Diese kosten pro Tag um die 90,- Euro inklusive Material. Mit bis zu 4 Teilnehmenden ist die Gruppengröße sehr klein. Snow-Kiten ist auch nichts für Einzelgänger, man sollte es mit anderen zusammen ausüben. Ein Start- und Landehelfer sollte mindestens dabei sein.  Die 25 Meter langen Leinen zu handhaben, ist nicht gerade einfach. In den Schulungen lernt man viel über das Material, Die Handhabung des Kites, Regeln und Gefahrensituationen. Denn es kann immer etwas schiefgehen. Wenn man einen 6 qm, 8 qm oder gar 14 qm Schirm nicht richtig steuern kann, dann ist es für einen selbst und für andere gefährlich.

Nahliegend ist ja, einfach den Schirm loszulassen.

Im Notfall kann man sich auch direkt vom Schirm trennen. Besser ist aber das eingebaute, doppelstufige Sicherheits-System zu nutzen. Bei Auslösung verliert der Schirm an Druck und fällt nicht ruckartig, sondern langsam und sicher auf den Boden.

Aber jetzt mal Tacheles, es gibt so viele tolle Wintersportarten, warum sollte man unbedingt Snow-Kiten?

Weil die Lift-Preise im teurer werden und Schnee auch im Flachland liegt. Im Ernst, es ist ein sehr schönes Gefühl vom Wind gezogen zu werden. Und noch schöner ist es, wenn man ohne Muskelkraft fünf Meter hoch springen kann oder über 20 Meter weit fliegt. Das ist faszinierend, aufregend, spannend, einfach was anderes. Snow-Kiten ist auch eins: Der Hingucker!

Mehr Informationen zum Thema

WS: kite-guru.com/
FB: facebook.com/Kite-Gurucom-Kitesurfing-and-Snowkite-School

Interview: citysports.de,  Anne Nyhuis, 12/2010