Schwimmen ist Selbstvertrauen!

Mit einem Schwimmkurs können Kinder früh starten, doch bei den Angeboten sollte man genau hinsehen. Ein Interview mit dem Präsidenten des Bundesverbandes für Aquapädagogik, Uwe Legahn, der als Sportlehrer und als Eigner seiner privaten Schwimmschule DELPHIN auf über 30 Jahre Praxis zurückblickt.

citysports.de: Wie vielen Kindern haben Sie bereits das Schwimmen beigebracht?

Uwe Legahn: Überschlägig gezählt zwischen 3.000 und 5.000 Kindern zwischen 3 und 5 Jahren.

Wann ist der richtige Zeitpunkt, um Schwimmen zu lernen?

So früh wie möglich. Aber pauschalisieren kann man es nicht. Jedes Kind ist individuell. Schon Dreijährige können schwimmen lernen, Vierjährige fühlen sich im Wasser zu Hause und Fünfjährige verfügen bereits über nahezu totale Wassersicherheit. Wichtig ist es aber, ohne Mutter im Bad bleiben und auf Anweisungen hören zu können. Wir bieten dazu eine kleine Pflichtver- anstaltung an, das Probeschwimmen. Hier beraten wir, ob man es noch sein lassen sollte oder ob das Kind mit dem Anfängerkurs ab drei Jahren starten kann. Darüber hinaus sind auch die Badvoraussetzungen wichtig.

Was meinen Sie damit?

Viele Bäder haben das 25m Standardbecken, bei dem ein Drittel des Beckens abgeschrägt für den Nichtschwimmer-Bereich ist. Wie sollen sich denn 3-Jährige auf das Schwimmen konzentrieren, wenn direkt daneben Jugendliche schreiend ins Becken springen? Auch die Luft-, Raum- und Wassertemperatur von 32 Grad ist von Vorteil, damit die Kinder nicht zittern und klappern.

Einige Anbieter haben Schwimm-Schnellkurse im Angebot. Wie lange dauert es, bis ein Kind schwimmen kann?

Der Schwimmlehrer muss sich für jedes Kind Zeit nehmen. Kein Kind gleicht dem anderen. Jedes Kind begleite ich individuell, so wie es das Kind braucht. Früher haben wir einmal wöchentlich Schwimmunterricht gegeben. Das bedeutete zwei Schritte vor und ein Schritt zurück, weil der Abstand einfach zu lang war. Im Schnitt benötigt man 21 Stunden, perfekt ist dreimal in der Woche, dann hat man in sieben Wochen einen viel höheren Lernerfolg.

Dann können Kinder schwimmen, aber was ist, wenn ich mit dem Kind mit dem Boot unterwegs bin und dieses plötzlich umkippt und es kopfüber ins Wasser fällt?

Genau das unterscheidet uns von anderen Konzepten. Das reine Schwimmen ist eigentlich Nebensache, die koordinativ schwierige Brustschwimmtechnik wie sie in Deutschland gern in herkömmlichen Schwimmunterricht vermittelt wird, ist nicht entscheidend,  viel wichtiger ist es, sicher, früh und vielseitig schwimmen zu lernen. Gemütlich die Treppe runtergehen – das kann jeder. Abzeichendekorierte Pseudoschwimmer aller Altersgruppen scheitern oft kläglich in alltäglichen Wassersituationen. Die Unglücke passieren, wenn man überraschend ins Wasser fällt.

Kann man Gefahrensituationen üben?

Ja, das sind bei uns die Kerninhalte des Unterrichts, allerdings merken das die Kinder nicht, für sie ist das Spiel. Vorwärts, rückwärts, seitwärts ins Wasser fallen - das ist die allerwichtigste Lebensversicherung „Die Schreck-Reflex-Umkehr“. Wenn man ungeplant ist Wasser geschubst wird, verschluckt man sich oft, weil man kurz vorher Luft holt. Wir spielen z.B. Robbe, die auf einer Matte, also Eisscholle, liegt, dann purzeln die Kinder irgendwie ins Wasser – das muss man unzählige ca. 1500 mal wiederholen, dann behält ein Kind in Gefahrensituationen die Ruhe - allerdings darf man diese Übung nicht zu früh machen.

Da kommen wir auf die Angst vorm Wasser zu sprechen.

Kinder haben grundsätzlich keine Ängste vor dem Wasser. Die Angst kommt von den Eltern, die den Kindern unbewusst das eigene Verhalten einimpfen oder haben bereits eigene schlechte Erfahrungen gemacht. Negative Begriffe wie untertauchen, verschlucken, ertrinken verwenden sie gern in Verbindung mit Wasser. Wir drehen die Begriffe ins Positive unterrauchen heißt z.B. verstecken. 

Ich kann mich nicht freisprechen, auch ich habe die Begriffe schon verwendet, und wahrscheinlich würde ich auch an der Fensterscheibe kleben, um mein Kind nicht aus den Augen zu verlieren.

Manchmal brauchen auch die Eltern unauffällig psychologische Betreuung nebenher. Sind die Eltern locker, sind es auch die Kinder und bauen schneller ein Vertrauensverhältnis zu mir auf. 

Und was ist, wenn sie nach sieben Wochen nicht mehr dabei sind?

Viele Kinder brauchen Zeit, um sich an die neue Umgebung in einem anderen Bad und andere Personen zu gewöhnen. Dann ist es auch nicht schlimm, wenn Kinder Ihre Schwimmflügel wieder tragen möchten, lassen Sie das ruhig zu. Konnten Sie denn gleich nach ihrer Fahrschulprüfung perfekt Auto- fahren? Mit Ruhe und Übung wird das Kind sehr schnell merken, dass es selber schwimmen kann. Schwimmen hat was mit Selbstvertrauen zu tun, das muss sich entwickeln.

Mir hat mein Vater das Schwimmen mit Schwimmflügeln beigebracht.

Über Schwimmflügel wird in der Theorie viel diskutiert, einige Institutionen lehnen sie ab. Ich empfehle sie, sie sitzen an der richtigen Stelle und geben den Kindern in jeder Situation Sicherheit. Zudem sind die Kinder nicht selbst dafür verantwortlich, zum Beispiel die sicheren Schwimmbretter festzuhalten.

Sicherheit ist ein wesentlicher Aspekt Ihres Konzept, was macht das DELPHIN-Konzept bzw. die Aquapädagogik zusammengefasst noch so erfolgreich?

Der Begriff Aquapädagogik steht für modernen, kindgerechten Schwimmunter- richt. Die Aquapädagogik wendet sich an Schwimmanfänger im Kleinkind- und Kindergartenalter und orientiert sich an ihrem individuellen Entwicklungs- stand. Bedeutet: Die Kinder müssen die Schwimmbewegung nicht korrekt ausführen, sondern sollen sich im Wasser wohl und sicher fühlen. Kerninhalt des Unterrichts ist das Thema Sicherheit.

Wie kann ich ein Kind auf den Schwimmkurs vorbereiten, damit es auch mit Spaß teilnimmt?

Spielen, plantschen, toben – dass ist der Inhalt für Kinder. Und eine Sicherheitsausstattung, also Schwimmflügel, mitgeben. Dann kann es losgehen.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Mit zwei Detailseiten auf citysports.de: Schwimmschule Delphin aus Hamburg